European Press Prize: Auszeichnung für ZDF-Recherche zu Folter

European Press Prize:Auszeichnung für ZDF-Recherche zu Folter

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ZDF frontal deckte mit Partnermedien auf, dass Millionen Euro aus Brüssel in Foltergefängnisse in Aserbaidschan geflossen sind. Das wurde beim "European Press Prize" ausgezeichnet.

Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew
Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew: Seine Gefängnisse bekamen über Jahre Geld aus der EU. (Archivbild)
Quelle: AP

Im vergangenen Jahr enthüllte eine Recherche von ZDF frontal mit internationalen Partnern, dass Millionen Euro europäischer Institutionen in aserbaidschanische Gefängnisse geflossen sind, in denen Oppositionelle eingesperrt und gefoltert werden.
Die internationale Recherche "The Baku Connection", an der das ZDF gemeinsam mit dem Investigativnetzwerk "Forbidden Stories" und 14 weiteren internationalen Medien beteiligt war, ist nun mit dem Sonderpreis des "European Press Prize" ausgezeichnet worden. Die Jury begründete ihre Entscheidung mit der "großartigen Zusammenarbeit und Solidarität im Beruf". Journalisten in ganz Europa hätten weiter recherchiert und ihre Funde veröffentlicht, nachdem Journalisten in Aserbaidschan wegen ihrer Arbeit inhaftiert wurden.
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Millionenbeträge, die Haftbedingungen verbessern sollten

Journalisten der Onlineplattform "Abzas Media" berichteten immer wieder über Korruptionsfälle in der Politik Aserbaidschans. Daraufhin wurden im November 2023 mehrere von ihnen, die Journalisten Ulvi Hasanli, Sevinc Vaqifqizi und der Verwaltungsmitarbeiter Mahammad Kelakov, festgenommen. Die Journalisten von "Abzas Media" sitzen bis heute im Gefängnis. Sie gehörten zu den letzten Medienschaffenden im Land, die zu Missständen des mächtigen Alijew-Regimes recherchierten.
Nach der Verhaftung ihrer Kollegen in Aserbaidschan setzten 40 Journalisten aus 15 Medienunternehmen die Arbeit von "Abzas Media" unter der Koordination von "Forbidden Stories" fort. Nach den Recherchen hat allein der Europarat seit 2014 wohl mehr als 23 Millionen Euro an Baku überwiesen. Dieses Geld sollte laut Verträgen unter anderem die Wiedereingliederung von Häftlingen verbessern sowie Folter und Misshandlungen durch Polizei und Gefängnispersonal vorbeugen.
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Bericht: Schläge und Misshandlung in vielen Gefängnissen

Tatsächlich herrscht in den Gefängnissen Willkür. Das zeigt ein Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT). Das Papier von 2018 zeichnet ein verheerendes Bild: Zeugen berichteten von Schlägen mit Stöcken oder einem Baseballschläger, Tritten und schwereren Formen der Misshandlung. Gleichzeitig flossen seit 2016 wohl 1,3 Millionen Euro über ein von der EU und dem Europarat kofinanziertes Projekt in die Gefängnisinfrastruktur. Verwendet wurde dieses Geld unter anderem für Online-Workshops zum Coaching von Gefängnismanagern, Zuschüsse für fragwürdige Nichtregierungsorganisationen, die dem Alijew-Clan nahe stehen und die Besichtigung eines Gefängnisses in Spanien.
Ein Sprecher des Europarats betonte damals auf Anfrage, dass finanzielle Unterstützung nicht an den aserbaidschanischen Staatsapparat floss. NGOs, die der Europarat fördere, würden "auf der Grundlage eines transparenten, öffentlichen Ausschreibungsverfahrens" ausgewählt.
Zu den Recherchepartnern des ZDF bei "The Baku Connection" gehörten neben dem Investigativnetzwerk "Forbidden Stories" auch, das "Organized Crime and Corruption Reporting Project" (OCCRP), "Paper Trail Media", "Der Standard", "Le Monde" und "The Guardian". Überreicht wurde der Preis am Mittwoch in der italienischen Stadt Bari.
Lesen Sie hier die gesamte ZDF-Recherche zu "The Baku Connection":

Gefängnisse in Aserbaidschan
:EU-Geld für die Folter-Kerker von Baku

Eine ZDF-Recherche mit internationalen Partnern enthüllt: Millionen Euro sind in aserbaidschanische Gefängnisse geflossen, in denen Oppositionelle eingesperrt und gefoltert werden.
von Hannes Munzinger, Maria Retter, Sophia Stahl
Ilham Aliyev, Präsident von Aserbaidschan
Exklusiv
Quelle: ZDF

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