Gerichtshof für Menschenrechte:Urteil: Moskau für MH17-Abschuss verantwortlich
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt Russland für den Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 und auch wegen Menschenrechtsverstößen in der Ukraine.
Von Rakete getroffen: Wrack der MH17
Quelle: Reuters
Elf Jahre nach dem Abschuss einer Malaysia-Airlines-Maschine über der Ukraine hat der Europäische Gerichtshof (EGMR) für Menschenrechte Russland dafür verantwortlich gemacht. "Die Beweise legen nahe, dass die Rakete absichtlich auf Flug MH17 abgefeuert wurde, wahrscheinlich in der irrigen Annahme, es handle sich um ein Militärflugzeug", heißt es in dem Urteil. Das Töten der Zivilisten an Bord sei kein "rechtmäßiger Kriegsakt" gewesen, sondern verletze das Menschenrecht auf Leben.
Russland habe sich zudem geweigert, die Umstände des Abschusses zu ermitteln, und habe diffuse und falsche Informationen verbreitet, heißt es weiter. Da Russland auch das Absichern der Absturzstelle behindert habe, hätten die Leichen erst nach acht Monaten geborgen werden können. Die Angehörigen der Toten hätten deswegen "tiefes Leid und eine enorme seelische Belastung" erlitten, betonten die Richter.
Untersuchung: Rakete gehörte zu russischer Einheit
Die Boeing 777 war am 17. Juli 2014 auf dem Flug von Amsterdam nach Kuala Lumpur über einem von prorussischen Rebellen kontrollierten Gebiet in der Ostukraine von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden. Alle 298 Insassen wurden getötet, unter ihnen 196 Niederländer. Auch vier Deutsche waren unter den Opfern.
Eine internationale Untersuchung kam zu dem Schluss, dass die Rakete, die das Flugzeug zerstörte, zu einer russischen Luftabwehreinheit gehörte. Das Raketensystem wurde demnach in die Ukraine gebracht und nach dem Abschuss von MH17 wieder nach Russland gefahren. Russland bestreitet jede Verantwortung.
Russland bestreitet Zuständigkeit des Gerichts
Der EGMR in Straßburg ist ein wichtiges Organ des Europarates, der wichtigsten Menschenrechtsinstitution des Kontinents. Russland wurde wegen seiner Invasion in die Ukraine aus dem Rat ausgeschlossen und ist damit auch keine Vertragspartei der Europäischen Menschenrechtskonvention mehr. Der Gerichtshof kann sich jedoch noch mit Fällen gegen Russland aus der Zeit vor dem Ausschluss befassen. Europarat, Menschenrechtskonvention und Gerichtshof sind unabhängig von der EU.
Russland bestreitet auch die Zuständigkeit des Gerichts. Im Jahr 2023 entschied der EGMR jedoch, es gebe genügend Beweise dafür, dass die von den separatistischen Rebellen kontrollierten Gebiete in der Ostukraine "unter die Zuständigkeit der Russischen Föderation" fielen, einschließlich der Bereitstellung von Waffen und der politischen und wirtschaftlichen Unterstützung.
Schuldspruch auch wegen weiterer Menschenrechtsverletzungen
Das EGMR-Urteil ist unabhängig von einem Strafverfahren in den Niederlanden, bei dem zwei Russen und ein prorussischer Ukrainer in Abwesenheit wegen ihrer Rolle beim Absturz von Flug MH17 des mehrfachen Mordes verurteilt wurden. Im vergangenen Mai hatte auch die Internationale Zivilluftfahrtorganisation Russland für verantwortlich erklärt.
Das Europäische Menschenrechtsgericht sprach Russland zugleich wegen zahlreicher weiterer Menschenrechtsverletzungen seit 2014 im Donbass und seit 2022 im Ukraine-Krieg schuldig. Dazu zählten etwa Hinrichtungen von Zivilisten und ukrainischen Soldaten, Folter sowie die ungerechtfertigte Vertreibung von Zivilisten. Auch sei Russland für Zerstörungen, Plünderungen und Enteignungen verantwortlich. Das Gericht hatte mehrere Klagen zusammengefasst.
Quelle: AFP, AP, dpa
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