"Rigaer 94": Polizei verschafft sich Zugang in besetztes Haus

Großeinsatz um besetztes Haus:Polizei durchsucht "Rigaer 94"

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Mit viel Personal und technischem Gerät verschafft sich die Polizei Zugang in die "Rigaer 94" - einem der letzten Überbleibsel der Berliner Hausbesetzerszene der Wendezeit.

Polizeikräfte sind am 28.08.2025 in der Rigaer Straße in Berlin Friedrichshain im Einsatz.

Großeinsatz in der Rigaer Straße: Die Berliner Polizei durchsucht das seit Jahrzehnten besetzte Haus Nr. 94

Quelle: dpa

Mit 200 Einsatzkräften, Ramme und weiteren technischen Geräten ist die Berliner Polizei angerückt, um in das seit langem umkämpfte und verbarrikadierte Haus "Rigaer 94" der linksextremen Szene zu kommen. Es sollte festgestellt werden, wer sich dort aufhält, wie die Polizei mitteilte.

Bei dem Großeinsatz in Friedrichshain wurden 13 Wohnungen des teilweise besetzten Hauses durchsucht. Es seien Personalien von 26 Menschen festgestellt worden, so ein Polizeisprecher. Grundlage seien Durchsuchungsbeschlüsse eines Gerichts, die der Eigentümer beantragt hatte. Er will das Haus räumen lassen, für die Räumungsklagen müsse er aber wissen, wer überhaupt dort wohne.

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Verbarrikadierte Eingänge, durchbrochene Wände

Der Altbau sei doppelt verbarrikadiert gewesen, teilte die Polizei weiter mit. Hinter dem verschlossenen und verstärkten Eingangstor sei vor dem Hinterhof nachträglich eine zweite massive Tür eingebaut worden, die aufwendig aufgebrochen werden musste.

Auch die Wohnungen im Vorderhaus und im Seitenflügel mussten zum großen Teil gewaltsam geöffnet werden, weil offenbar niemand freiwillig nachgab. Technische Spezialkräfte seien dafür im Einsatz gewesen.

Wir mussten aufbrechen, aufflexen und aufspreizen.

Polizeisprecher Florian Nath

Wände zwischen manchen Wohnungen seien durchbrochen worden. Das vor Jahren entdeckte illegal gegrabene Tunnelstück zu einem Nachbarhaus sei aber weiterhin zugeschüttet.

13 Menschen in einer Wohnung

Nach dem ersten Eindruck seien die Bewohner von dem Polizeieinsatz überrascht worden. Allein in einer der Wohnungen habe man 13 Menschen angetroffen. Die Polizei habe Gegenwehr und Proteste erwartet, es sei aber alles gewaltfrei abgelaufen, sagte der Sprecher. Die Bewohner dürften erst einmal im Haus bleiben.

Um den bunt bemalten Gebäudekomplex "Rigaer 94", der als eine der letzten Hochburgen der linksextremen Szene in Berlin gilt, gibt es seit vielen Jahren Prozesse vor Gerichten und zahlreiche Polizeieinsätze.

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Der Eigentümer des Hauses versucht seit langem, die Bewohner mit Räumungsklagen aus dem Haus zu bekommen, weil sie nach seinen Angaben keine Mietverträge haben. Er habe die Durchsuchungsbeschlüsse für bestimmte Wohnungen erwirkt. Die Polizei sei im Einsatz gewesen, weil die Bewohner den Eigentümer nicht in das Haus ließen und er nicht riskieren könne, persönlich ohne Schutz aufzutauchen.

Überbleibsel der Hausbesetzerszene der Wendezeit

Insgesamt waren im ganzen Berliner Stadtgebiet seit Donnerstagmorgen 700 Polizisten im Einsatz, um spontane Sachbeschädigungen oder Brandanschläge von linksextremen Sympathisanten zu verhindern. Die Rigaer Straße war wegen des Einsatzes zum Teil gesperrt, die Sperrung wurde nach wenigen Stunden aber wieder aufgehoben.

Die Bewohner des Hauses hatten vor wenigen Tagen auf ihrer Internetseite zum Protest aufgerufen. Betont wurde: "Unser Ziel ist es nicht, einen Deal zu machen oder das Haus zu kaufen, sondern die besten Bedingungen für unseren Kampf (...) gegen den Staat, den Kapitalismus und die Unterdrückung zu erreichen."

Das Haus Nr. 94 ist eines der allerletzten Überbleibsel der vielen von linken und linksradikalen Gruppen besetzten Häuser im Ostteil Berlins in der Wendezeit. 1990 und in den Folgejahren wurden zahlreiche Häuser geräumt. Andere wurden legalisiert und die Besetzer erhielten Mietverträge. Einige Besetzungen überdauerten aber weitere Jahre und endeten erst später.

Quelle: dpa, AFP

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