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Interview
Trauer um Stars:Wenn Menschen ihr Idol verlieren
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Unzählige Fans trauern um Popstar Liam Payne. Immer wieder verlieren Menschen ihr Idol. Was macht das mit ihnen? Psychotherapeut Lars Auszra über Trauer und Trost.
Trauer um Liam Payne: Blumen vor dem Hard Rock Café in London.
Quelle: Reuters
Der Tod des 31-jährigen Liam Payne, früheres Mitglied der britischen Boyband "One Direction", hat Fans in aller Welt bestürzt. Am Mittwoch starb Payne nach dem Sturz von einem Hotelbalkon in Buenos Aires. Fans versammelten sich vor dem Hotel in der argentinischen Hauptstadt, weinten, zündeten Kerzen an, legten Blumen nieder. Auch auf Gedenkplattformen drückten zahllose Menschen ihre Trauer aus.
Was macht der Verlust eines Idols mit Fans? Kann man die Trauer mit der um einen nahestehenden Menschen vergleichen? Und wie gelingt ein gesunder Umgang damit? Darüber spricht der Münchener Psychotherapeut Lars Auszra im ZDFheute-Interview:
ZDFheute: Was macht es mit Menschen, wenn sie ihr Idol verlieren?
Lars Auszra: Zunächst ist das ein realer Verlust, weil man mit dem Idol bestimmte Erinnerungen und Gefühle verbindet.
Die Beziehung ist zwar einseitig, trotzdem geben Idole Orientierung und Zugehörigkeit, vielleicht sogar Geborgenheit. Wenn die Person stirbt, ist man selbstverständlich traurig.
Lars Auszra
ZDFheute: Kann man diese Trauer mit der um einen nahestehende Menschen vergleichen?
Auszra: Ich würde das nicht gegeneinander aufwiegen, aber wenn eine mir nahestehende Person stirbt, passieren natürlich andere Dinge, sie fehlt im Alltag. Dennoch geht man durch ähnliche Trauerphasen: dass man den Verlust erst nicht fassen kann, Wut und Schmerz empfindet, bevor man ihn akzeptiert.
ZDFheute: Wenn sich die Trauerphasen ähneln, braucht es auch eine Form von Trauerarbeit?
Auszra: Im Erwachsenenleben haben Idole meistens keine so große Bedeutung wie bei Teenagern, deswegen würde ich das unterscheiden. Bei Erwachsenen geht es in der Regel nicht um das Idol selbst, sondern um Gefühle oder Erinnerungen, die es in einem wachruft. Ein Freund von mir sagte zum Beispiel einmal, dass es ihn immer beruhigt habe zu wissen, dass Leonard Cohen noch da ist in der Welt.
Ich weiß noch, als Uwe Seeler gestorben ist. Das hat mich jetzt nicht wahnsinnig unglücklich und verzweifelt gemacht, aber es hat mich berührt, und zwar weil er mich mit meinem Vater verbunden hat. Mit Seeler ist ein Stück von meinem Vater und seiner Generation verlorengegangen.
Der Verlust eines Idols ist eine Gelegenheit, sich mit Gefühlen auseinanderzusetzen, die man mit ihm verbunden hat. Das ist sicher ein guter Umgang.
Lars Auszra
ZDFheute: Und wie ist das bei Teenagern?
Lars Auszra: Für sie haben Idole eine ganz besondere Bedeutung. Idole können bei der Suche nach Orientierung und der Identitätsentwicklung helfen, manchmal geben sie Halt. Im Optimalfall finden Teenager den Halt in einer Gruppe von Menschen, die das Idol auch mögen.
Ein aktuelles Beispiel sind die "Swifties", die Fans von Taylor Swift, die als Gruppe zusammenhalten. Als Brücke, um realen Kontakt mit anderen aufzunehmen und zu pflegen, sind Idole hilfreich und gut.
Schwierig wird es, wenn das Ganze auf Kosten von realen Kontakten geht, wenn man nur noch in der Fantasiebeziehung lebt und sich nicht mehr um reale Beziehungen bemüht. Dafür sind Teenager empfänglich, weil in der Entwicklungsphase der Halt oft ein Stückweit fehlt.
Wenn die familiären Beziehungen zum Beispiel nicht so stark sind, können Idole diesen Platz einnehmen und scheinbar Sicherheit und Nähe geben.
ZDFheute: Der Verlust des Idols ist für Teenager dann auch besonders schlimm?
Lars Auszra: Im heftigsten Fall kann er in eine Krise führen.
Wenn das Idol eine Leerstelle im realen Leben gefüllt hat, die mit dem Verlust aufgerissen wird, kann die Trauer um das Idol Ausmaße annehmen wie beim Tod einer realen Person.
Lars Auszra
Als Eltern würde ich den Verlust des Idols grundsätzlich ernst nehmen und mit dem Kind darüber sprechen, es darin unterstützen, traurig zu sein, und dann gemeinsam gucken, worum es eigentlich geht, welche Gefühle es mit dem Idol verbunden hat, die nun fehlen.
Das Interview führte Kathrin Hollmer.
Quelle: dpa
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