Ein Blick zurück:Vor 55 Jahren: DFB hebt Frauenfußball-Verbot auf
von Andrea Budke
Vor 55 Jahren hob der DFB sein Verbot von Frauenfußball auf Verbandsebene auf. Bis dahin durften Frauen weder für Vereine spielen noch bei ihnen trainieren. Ein Rückblick.
Lange war es Frauen verwehrt, in Vereinen des DFB und auf dessen Plätzen Fußball zu spielen. Wer sich widersetzte, musste Strafe zahlen. Erst 1970 wurde das Verbot aufgehoben, wir schauen zurück.
27.10.2025 | 10:01 minAuf seinem Bundestag in Berlin am 30. Juli 1955 sprach der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ein offizielles Fußballverbot für Frauen aus. Seinen Vereinen untersagte er unter Androhung von Strafe, Damenabteilungen zu gründen oder Frauen auf ihren Plätzen trainieren zu lassen.
Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.
DFB-Erklärung von 1955
15 Jahre blieb das Verbot bestehen. Erst am 31. Oktober 1970 - vor 55 Jahren - hob der DFB es wieder auf.
Der Frauenfußball boomt: In deutschen Vereinen spielen vermehrt junge Frauen. Wie der VfL Wolfsburg mit der größer werdenden Aufmerksamkeit umgeht.
04.07.2025 | 1:30 minViele Fußballerinnen trotzten dem Verbot
Trotz des Verbots blieben viele Fußballerinnen am Ball, trainierten zur Not auch auf Kuhweiden. So sorgten sie dafür, dass der Frauenfußball am Leben gehalten wurde.
Zwei dieser Pionierinnen sind Christa Kleinhans und Renate Bress, beide heute 88 Jahre alt, vom Verein Fortuna Dortmund 55. Anfang 1955 wurde ihr Club gegründet. Die Frauen trotzten dem Verbot, organisierten sich selbst Spiele gegen andere Mannschaften. Und begeisterten ihre Zuschauer, vor allem die Männer.
Viele Männer sind mit Feldstechern zum Spiel gegangen und wollten uns gucken. Entweder auf die Beine, auf den Hintern oder wer weiß, wohin.
Christa Kleinhans, ehemalige Spielerin DSV Fortuna Dortmund 55
Die Kickerinnen ließen sich vom möglichen Voyeurismus nicht beirren.
Abgeprallt, das ist alles an uns abgeprallt. Wir wollten nur Fußball spielen und was anderes gab es nicht.
Renate Bress, ehemalige Spielerin DSV Fortuna Dortmund 55
Die Fortuna-Frauen organisierten über andere Verbände sogar Länderspiele in städtischen Stadien - in denen der DFB-Vereine durften sie ja nicht spielen.
Der Frauenfußball boomt: Spielten vor vier Jahren rund 63.000 Mädchen unter 16 in Vereinen, sind es heute fast doppelt so viele.
04.07.2025 | 1:30 minSexistische Kommentare in den Medien
Ihre Spiele wurden oft diskriminierend kommentiert. Eine Szene, in der der Busen einer Spielerin beim Dribbeln wippte, beschrieb ein Reporter so: "Was so ein richtiger Fußballbomber ist, hat mehrere Gegner, aber auch mehrere Bälle."
"Wenn man sich den Geist der Kommentare anguckt oder anhört aus jener Zeit, dann ist das Sexismus pur aus heutiger Sicht", sagt Sporthistorikerin Carina Linne.
Aber das Schöne an den Frauen von damals zwischen 1955 und 1970 ist: Das war denen egal.
Carina Linne, Sporthistorikerin
Gegen alle Widerstände und Macho-Sprüche machten die Frauen weiter.
Die Konkurrenz enteilt der Frauenfußball-Bundesliga immer weiter. Um dem entgegenzuwirken, muss das deutsche Fußball-Oberhaus professioneller werden.
09.07.2025 | 2:07 minInoffizielle Frauenfußball-Nationalmannschaft
Aus DSV Fortuna Dortmund 55 wurde die erste inoffizielle Nationalmannschaft der Frauen. Ein Highlight: ihr Spiel 1957 gegen die Niederlande im Münchener Dante-Stadion - vor 18.000 Zuschauern.
Wir haben 4:2 gewonnen, ich hab zwei Tore gemacht und war happy.
Christa Kleinhans, ehemalige Spielerin DSV Fortuna Dortmund 55
An die 100 Länderspiele kamen bis 1965 zusammen, erzählt Historikerin Carina Linne.
DSV Fortuna Dortmund 55 fehlte der Nachwuchs
1965 mussten die Frauen von Fortuna Dortmund ihren Verein dennoch abmelden. Es gab keinen Nachwuchs mehr.
Wir sind zum Notar gegangen und haben uns streichen lassen. Dann standen wir draußen und haben erstmal geheult.
Christa Kleinhans, ehemalige Spielerin DSV Fortuna Dortmund 55
In der DDR lief das anders. Dort gab es kein Verbot. Die Frauen waren gleichberechtigt mit den Männern. Sie gründeten Betriebssportgemeinschaften und spielten auch gegeneinander. Es gab aber keine Meisterschaften.
EM-Euphorie, Rückschläge, Geschwisterhalt: Nationalspielerin Lena Oberdorf und ihr Bruder Tim sprechen über ihre Anfänge, Frauenfußball und wie sie sich unterstützen.
26.07.2025 | 16:33 min1989 holten die deutschen Frauen den ersten von acht EM-Titeln, 1990 wurde die Bundesliga gegründet, zwei WM-Titel folgten. Eine Erfolgskurve, die auch den Frauen von Fortuna Dortmund zu verdanken sein dürfte.
Das macht uns stolz, weil wir die Pionierinnen sind für den Frauenfußball, der heute Bundesliga oder Europa- oder Weltmeister ist.
Christa Kleinhans, ehemalige Spielerin DSV Fortuna Dortmund 55
Heute hat sich der Frauenfußball längst fest etabliert. 1989 gab es vom DFB noch ein Kaffeeservice als Prämie.
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