Online-Konten und Passwörter vererben
von Juana Guschl
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Unser halbes Leben findet inzwischen in der virtuellen Welt statt. Doch was passiert am Ende unseres Lebens mit all den Accounts, Passwörtern, Fotos, empfindlichen Daten und Dateien?
Wir kommunizieren über E-Mails oder unseren Facebook-Account, regeln unsere Finanzen per Online-Banking, wir speichern Fotos in der Cloud. Jeder zweite Deutsche hat die wichtigsten Zugangsdaten zu Internet-Diensten nur im Kopf. Im Todesfall nimmt er sie mit ins Grab. Anschließend haben die Erben ihre Mühe damit, Passwörter zu ermitteln und Online-Abos zu kündigen. Denn: Erben übernehmen alle Rechte und Pflichten eines Verstorbenen. Dazu gehört auch sein digitaler Nachlass: Also beispielweise Verträge, die der Verstorbene im Internet abgeschlossen hat oder Rechnungen, die nur per Mail zugestellt werden.
Was kommt also auf die Erben zu? Profile in Sozialen Netzwerken sollten in den Gedenkzustand versetzt oder gelöscht werden. Offene Rechnungen von Online-Einkäufen müssen bezahlt werden. Und Online-Abos bei Musik- oder Film-Streamingdiensten müssen gekündigt werden, damit keine weiteren Kosten entstehen. Dazu müssen Erben jedoch wissen, bei welchen Anbietern der Verstorbene überall registriert war.
Benutzerkonten auflisten
Fertigen Sie eine Liste mit all Ihren Benutzerkonten an. Und zwar nicht nur, damit Ihre Nachkommen den digitalen Nachlass leichter verwalten können – sondern auch, damit Sie selbst den Überblick über Ihren so genannten digitalen Fußabdruck nicht verlieren.
Fragen Sie sich, wo haben Sie sich überall registriert? Mit wem kommunizieren Sie ausschließlich digital? Wie regeln Sie Ihre Finanzen? Unsere Checkliste kann Ihnen dabei helfen:
Checkliste
Notieren Sie alle Verträge, die Sie online geschlossen haben – wie zum Beispiel für das Handy, Versicherungen oder kostenpflichtige Abonnements, die sich automatisch verlängern. Beachten Sie: Die meisten Verträge enden nicht automatisch mit dem Tod – sie müssen von den Erben gekündigt werden.
Listen Sie Ihre Zugänge bei Online-Shops und Online-Banken auf. Gleiches gilt für Online-Bezahldienste oder Bonus-Programme, bei denen Sie evtl. Guthaben besitzen.
Führen Sie auch all Ihre E-Mail-Adressen, Profile in Foren oder in sozialen Netzwerken auf! Auch sie gehören zu Ihrem digitalen Nachlass.
Listen Sie alle virtuelle Konten auf, in denen Sie online Dokumente, Fotos oder Musik gespeichert haben.
Passwörter notieren und sicher verwahren
Ganz wichtig: Notieren Sie zu jedem Benutzerkonto das jeweilige Passwort. Wenn Erben die Passwörter der Verstorbenen nicht kennen, müssen sie häufig einen kostenpflichtigen Erbschein nachweisen, um beispielsweise von E-Mail-Anbietern den Zugang zum Account zu erhalten. Mehr dazu erfahren Sie weiter unten.
Verwahren Sie Ihre Passwortliste an einem sicheren Ort. Sie können Ihre Passwörter auch zusammen mit Ihrem Testament bei einem Notar hinterlegen. Beachten Sie: Wenn Sie diese Liste beim Notar aktualisieren wollen, können erneut Kosten auf Sie zukommen!
Digitale Nachlassverwaltung
Notieren Sie in Ihrem Testament oder in Ihrer Vorsorgevollmacht: Was soll mit Ihren Daten und Ihren Accounts geschehen. Und: Wer soll sich um Ihren digitalen Nachlass kümmern? Wichtig: Diese Vertrauensperson benötigt Zugriff auf Ihre sicher verwahrte Passwortliste.
Sie kaufen im Internet E-Books, Musikdateien oder Filme? Haben Sie schon einmal die AGBs des jeweiligen Anbieters gelesen? Viele Online-Anbieter schreiben in ihren AGBs, dass Sie Ihnen lediglich die Nutzungsrechte an diesen Werken zur Verfügung stellen – und dass Sie als Kunde diese Nutzungsrechte weder verkaufen noch vererben können. Dabei handelt es sich in der Regel um Dateien, die Sie innerhalb eines Benutzerkontos verwenden. Gemäß dieser AGBs gehören diese Bücher, Filme und Songs, für die Sie gegebenenfalls viel Geld ausgegeben haben, also nicht zu Ihrem digitalen Nachlass.
Doch was passiert in der Praxis mit den Dateien? Schließlich gehen sie mit dem Tod des ursprünglichen Benutzers ja nicht automatisch verloren und Erben könnten mithilfe des Passworts immer noch Zugang zu dem entsprechenden Benutzerkonto und damit zu den Dateien erlangen. Erben könnten so die E-Books weiter lesen und die Musik weiter hören.
Aber Achtung: Sobald der Online-Anbieter, bei dem die Nutzungsrechte erworben wurden, vom Tod des ursprünglichen Kunden erfährt, kann er das Benutzerkonto und damit die Dateien löschen.
Juristen und Verbraucherschützer bedauern diese Situation. Da sich der Gesetzgeber noch kaum zum digitalen Nachlass geäußert hat, ist die Rechtslage hierzu aber noch unklar.
Doch was passiert in der Praxis mit den Dateien? Schließlich gehen sie mit dem Tod des ursprünglichen Benutzers ja nicht automatisch verloren und Erben könnten mithilfe des Passworts immer noch Zugang zu dem entsprechenden Benutzerkonto und damit zu den Dateien erlangen. Erben könnten so die E-Books weiter lesen und die Musik weiter hören.
Aber Achtung: Sobald der Online-Anbieter, bei dem die Nutzungsrechte erworben wurden, vom Tod des ursprünglichen Kunden erfährt, kann er das Benutzerkonto und damit die Dateien löschen.
Juristen und Verbraucherschützer bedauern diese Situation. Da sich der Gesetzgeber noch kaum zum digitalen Nachlass geäußert hat, ist die Rechtslage hierzu aber noch unklar.
Interview mit Dr. Florian Preßmar
Von der Landeszentrale für Medien & Kommunikation Rheinland-Pfalz
Warum sollten sich Internetnutzer zu Lebzeiten um ihren digitalen Nachlass kümmern?
Gibt es praktische Tipps, wie man all die Benutzerkonten und Passwörter an die Nachwelt weitergeben kann?
Wo gab es überhaupt Accounts?
Nur sehr wenige Menschen denken daran, ihren digitalen Nachlass für ihre Hinterbliebenen aufzubereiten. Je nachdem wie aktiv der Verstorbene im Netz und am Computer war, ist für die Erben Detektivarbeit gefragt. Sie müssen herausfinden, wo es überall Accounts, Profile und eventuell offene Rechnungen gibt.
Diese Infos und Daten lassen sich auf unterschiedliche Weise aufspüren. Allerdings fordert die Recherche nicht nur einen hohen Zeitaufwand, sondern verursacht auch meist Kosten.
Digitale Nachlassdienste über den Bestatter
Die Bestatter haben sich auf dieses Problem eingestellt – viele Bestatter bieten tatsächlich die digitale Nachlassverwaltung an. Oftmals kooperieren sie mit Unternehmen, die als Vermittler zwischen den Online-Anbietern und den Hinterbliebenen dienen. Diese Nachlassverwalter selbst brauchen von Ihnen nur die Stammdaten des Verstorbenen: den vollen Namen, das Geburtsdatum, die letzte Anschrift und die Todesurkunde.
Die Daten werden an die Online-Anbieter weitergereicht, mit denen die Vermittlungsagenturen zusammenarbeiten. So können sie bei Online-Unternehmen wie Sozialen Netzwerken, Portalen, E-Mail-Diensten, Abo-Diensten und Online-Shops anfragen, ob der Verstorbene dort registriert war. Durch die direkte Anfrage bei den Unternehmen erhalten die Vermittlungsagenturen keinerlei Einsicht in die E-Mails, Konten und Accounts, sondern erfahren lediglich, wo Accounts des Verstorbenen bestehen.
Um entscheiden zu können, was mit den gefundenen digitalen Accounts passiert, müssen Sie einen Erbschein vorlegen. Hierbei sollten Sie bedenken, dass die Ausstellung des Erbscheins jedes Mal Kosten verursacht. Über ein Kundenportal der digitalen Nachlassverwalter haben Sie als rechtmäßiger Erbe dann jederzeit Einsicht in die Recherche-Ergebnisse und den Bearbeitungsstatus. So können Sie per Mausklick entscheiden, ob Konten gelöscht oder übernommen werden sollen. Ermittelte Guthaben werden Ihnen selbstverständlich übertragen.
Die Kosten für die digitalen Nachlassvermittler zahlen Sie beim Bestatter. Im Regelfall ist die digitale in die analoge Nachlassverwaltung (Behördenangelegenheiten wie Standesamt oder Bürgeramt; Friedhofsverwaltung) eingepreist. Zudem hängen die Kosten vom gewünschten Zeitraum für die Recherche ab. Für drei Monate muss man mit 40 bis 80 Euro rechnen, für drei Jahre sind es rund 200 Euro.
Nachlassermittlung über Endgeräte
Eine weitere Möglichkeit, um den digitalen Nachlass aufzuspüren, ist das Durchsuchen der Endgeräte wie Laptop, Smartphone oder Tablet des Verstorbenen. Oft sind Passwörter noch gespeichert und die bevorzugten Seiten als Lesezeichen hinterlegt. Sollten Sie Zugriff auf einzelne Portale haben, so könnten Sie den Nachlass selbst verwalten.
Dienste für die Geräteanalyse
Da dieser Weg generell schwierig und in Zeiten der Trauer besonders aufwendig ist, gibt es auch Dienste, welche die Geräteanalyse für Sie übernehmen. Diese müssen Sie jedoch selbst beauftragen. Auch hier erhalten Sie mit Nachweis der Todesurkunde und dem Erbschein (Achtung: Kosten!) eine Liste mit Details zum Nachlass wie Kontakten, Bildern, Videos, Dokumenten, Verträgen und Online-Konten. Die Entscheidung, was mit dem digitalen Erbe passiert, treffen ebenfalls Sie als rechtmäßiger Erbe.
Achtung: Verbraucherschützer raten zur Vorsicht vor der Geräteanalyse durch Unternehmen. Immerhin müssen Sie sich bewusst sein, dass völlig Fremde den Computer und somit die Privatsphäre Ihres Angehörigen durchforsten. Die Unternehmen selbst sagen, dass die Analyse vollen Datenschutz gewährt, da lediglich ein Programm die Daten ausliest. Hier sollten Sie deshalb vorher gründlich abwägen.
Zudem ist die Geräteanalyse und die damit verbundenen An- und Ummeldung der Konten im Vergleich zu den Vermittlungsagenturen deutlich teurer. Allein die Erstanalyse des Computers, Tablets oder Smartphones kostet mehrere hundert Euro. Sollten Sie Konten löschen oder übernehmen wollen, kostet dies extra.
Zudem ist die Geräteanalyse und die damit verbundenen An- und Ummeldung der Konten im Vergleich zu den Vermittlungsagenturen deutlich teurer. Allein die Erstanalyse des Computers, Tablets oder Smartphones kostet mehrere hundert Euro. Sollten Sie Konten löschen oder übernehmen wollen, kostet dies extra.
Keine Passwörter?
Das wichtigste aller Passwörter ist das für den E-Mail-Account. Denn mithilfe einer E-Mail-Adresse können in vielen Fällen Passwörter zu anderen Benutzerkonten zurückgesetzt und neu vergeben werden. Schwierig wird es jedoch, wenn Sie zwar wissen, wo Ihr Angehöriger registriert war – Sie aber keinen Zugang zu den entsprechenden Accounts haben.
Beachten Sie: Einige Anbieter verwehren sogar nachgewiesenen Erben den Zugang zum E-Mail-Account. Die E-Mail-Adresse darf dann zwar gelöscht werden – nicht aber weiter betreut. Falls hier noch Rechnungen offen sind oder lediglich mittels der E-Mail-Adresse andere Konten gelöscht werden können, können weitere Schwierigkeiten auftreten. Auch hier ist laut einschlägiger Meinung von Juristen dringend der Gesetzgeber gefragt, eine einheitliche Regelung zu schaffen.
Beispiele namhafter Internetunternehmen
Google hat für seine Kunden den Konto-Inaktivitäts-Manager eingeführt. Dieser funktioniert über mehrere Stufen. Wenn Sie sich innerhalb eines selbst-definierten Zeitraums nicht mehr eingeloggt haben, bzw. inaktiv waren, werden Sie zunächst per Mail oder SMS erinnert. Falls Sie sich auch dann nach einem gewissen Zeitraum nicht mehr einloggen, werden Ihre Vertrauenspersonen benachrichtigt und aufgefordert, binnen drei Monaten Ihre Daten zu sichern. Sie können selbst bis zu zehn solcher Kontakte angeben. Anschließend wird Ihr Konto gelöscht.
Bei Facebook können Sie selbst einen so genannten Nachlasskontakt benennen, der Ihr Profil nach Ihrem Tod in den so genannten Gedenkzustand versetzen lassen kann. Falls Sie keinen solchen Nachlasskontakt angegeben haben, müssen Ihre Erben hierfür eine Geburts- und Sterbeurkunde vorweisen.
Beachten Sie: Die Löschung Ihres Facebook-Profils können nur enge Familienangehörige beantragen!
Beachten Sie: Die Löschung Ihres Facebook-Profils können nur enge Familienangehörige beantragen!
Weitere Infos
Die Verbraucherzentralen haben zum digitalen Nachlass eine umfassende Kampagne namens „Macht’s gut!“ lanciert. Dort finden Sie weitere Infos rund ums Thema sowie Checklisten.