Neue Richtlinie für Blutspenden
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Bislang waren Männer, die Sex mit Männern haben, komplett von der Blutspende ausgeschlossen. Einer neuen Richtlinie zufolge dürfen sie künftig dann Blut spenden, wenn sie ein Jahr lang keinen Sex mit anderen Männern hatten.
Die neue Richtlinie ermöglicht eine Zulassung zur Blutspende zwölf Monate nach Beendigung des sexuellen Risikoverhaltens. Als solches stuft die Bundesärztekammer den Geschlechtsverkehr eines Mannes mit einem anderen Mann ein. Werde diese Frist eingehalten, komme es nicht zu einer Erhöhung des Risikos für die Empfänger von Blut und Blutprodukten.
Kritische Stimmen
Diese Regelung setze sich über die Erkenntnisse der Wissenschaft hinweg, erklärte Axel Hochrein, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland. „Das Bestreben, Männer, die Sex mit Männern haben, weiterhin dauerhaft von der Blutspende auszuschließen, hat über die Wissenschaft gesiegt.“
Auch die Deutsche Aids-Hilfe hat die neu formulierte Richtlinie kritisiert. Zwar gebe es nun eine Lockerung des bisher pauschalen Ausschlusses von der Spende, doch Vorstand Björn Beck zufolge gehe die Regelung nicht weit genug. Eine HIV-Infektion könne man sechs Wochen nach dem letzten Sex sicher ausschließen. Die jetzige Frist von einem Jahr schließe die meisten schwulen und bisexuellen Männer weiterhin unnötig von der Blutspende aus. Der pauschale Ausschluss schwuler und bisexueller Männer von der Blutspende sei nicht mehr zeitgemäß, betonte die Aids-Hilfe. Ausschlaggebend sollten tatsächliche HIV-Risiken sein.
Männer, die Sex mit Männern haben oder einmal hatten, durften bislang in Deutschland kein Blut spenden. Grundsätzlich werden alle potenziellen Blutspender vorab befragt, ob sie zu dieser oder einer anderen Gruppe gehören, die statistisch ein hohes HIV-Risiko hat (diese Befragung wird „freiwilliger Selbstausschluss“ genannt).
Entscheidung aufgrund der Statistik
Es gebe bei der Entscheidung über dieine politische und eine statistische Seite, sagt Medizinjournalist Dr. Christoph Specht. „Politisch gesehen ist dies eine Diskriminierung von Schwulen.“ Als Grundlage für die Entscheidung habe eine Statistik über die HIV-Neuinfektionen aus dem Jahr 2015 gedient. Daraus gehe hervor, dass 70 Prozent der Neuinfektionen mit HIV bei homosexuellen Männern waren. „Die Statistik besagt, dass schwule Männer, die promiskuitiv leben, sich häufiger anstecken als heterosexuelle Männer. Deswegen gehören Homosexuelle zu einer Risikogruppe. Das Problem ist, dass monogam lebende Schwule hier nicht berücksichtigt werden.“
Auch Heterosexuelle mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern gehören zu dieser Risikogruppe. „Und da fängt das Problem an“, sagt Dr. Christoph Specht. Zwar müsse man vor der Blutspende angeben, ob man promiskuitiv lebt, dies könne jedoch für jeden eine individuell unterschiedliche Bedeutung haben. Weitere Risikogruppen sind Prostituierte und Menschen, die aus Tropengebieten kommen.
Allgemeine Informationen
Zwei Drittel aller Menschen benötigen irgendwann in ihrem Leben Blut, Blutplasma oder daraus gewonnene Arzneimittel. Demgegenüber stehen allerdings nur etwa drei bis vier Prozent der Bundesbürger, die Blut spenden.
Frauen dürfen viermal im Jahr Blut spenden, Männer sechsmal. Der Abstand zwischen zwei Blutspenden sollte mindestens zwei Monate betragen. Ein Blutspender muss zwischen 18 und 68 Jahre alt sein und mindestens 50 Kilogramm wiegen. Er darf in den letzten vier Wochen keine ansteckenden Krankheiten durchgemacht und keine chronischen Infektionskrankheiten haben, wie beispielsweise Hepatitis oder AIDS. Ansonsten muss er so gesund sein, dass die Blutspende ihm selbst nicht schadet.
Vor jeder Blutspende wird eine Voruntersuchung gemacht. Dabei werden Puls und Blutdruck gemessen. Um Kreislaufbeschwerden auszuschließen, wird vor jeder Spende der Hämoglobinwert getestet. Der Wert gibt Auskunft darüber, wie viel Sauerstoff das Blut transportiert. Ist der Wert zu gering, wird der Spender zu seiner eigenen Sicherheit von der Blutspende ausgeschlossen.
Der ganze Ablauf dauert in etwa eine Stunde, bei Erstspendern ohne Spendeausweis etwas länger. Zunächst wird eine Blutprobe für Laboruntersuchungen separat abgefüllt. Danach laufen etwa 500 Milliliter Blut in den Entnahmebeutel. Eine Vollblutspende dauert in der Regel zwischen fünf und zehn Minuten. Nach der Blutspende muss sich der Körper zunächst auf den Blutverlust einstellen. Eine kurze Ruhephase ist deshalb wichtig. Der Kreislauf reguliert sich innerhalb von 20 Minuten, der Flüssigkeitshaushalt ist nach etwa zwei Stunden wieder ausgeglichen. Das verlorene Blut wird innerhalb weniger Tage nachgebildet.
Wer bei gemeinnützigen Organisationen Blut spendet, bekommt für seine Spende eine Kleinigkeit zu essen und eine Aufwandsentschädigung zwischen zehn und 30 Euro. Bei privaten Organisationen, etwa Pharmafirmen, ist die Aufwandsentschädigung höher.
Wer bei gemeinnützigen Organisationen Blut spendet, bekommt für seine Spende eine Kleinigkeit zu essen und eine Aufwandsentschädigung zwischen zehn und 30 Euro. Bei privaten Organisationen, etwa Pharmafirmen, ist die Aufwandsentschädigung höher.
Nach der Spende wird das Blut auf mögliche Infektionserkrankungen wie zum Beispiel Hepatitis, HIV und Syphilis untersucht. Dabei wird das Blut gepoolt: Man mischt fünf Blutproben zusammen und testet das Gemisch. Ist dieser Test positiv, werden die einzelnen Proben separat getestet. Das Risiko einer HIV-Übertragung liegt heute nur bei eins zu etwa 4,3 Millionen, für Hepatitis C ist es noch geringer.
Mit Material von ZDF, dpa, epd