"Der Schwarm"-Autor Frank Schätzing: Bücher können Leben ändern

Interview

"Der Schwarm"-Autor:Frank Schätzing: Bücher können Leben ändern

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Bestseller-Autor Frank Schätzing erzählt, wie sein Thriller "Der Schwarm“ viele Menschenleben gerettet hat. Und wie Bücher die Wirklichkeit verändern können.

"Frank Schätzing - Mein Schwarm": Frank Schätzing steht an ein Geländer gelehnt und blickt zur Seite. Im Hintergrund ist ein Gewässer mit verschiedenen unscharfen Objekten im Wasser erkennbar, darüber ein Kamerakran.
"Der Schwarm" wurde ein Welterfolg. Autor Frank Schätzing sieht "Bücher als Lebensretter". 07.06.2025 | 13:02 min
Der Buch-Fan und Social-Media-Profi Lennart Schaefer radelt zur Zeit als "Buchbotschafter" durch Deutschland und trifft bekannte Schriftstellende. Im Rahmen einer ZDF-Reportage hat er den Bestseller-Autor Frank Schätzing ("Der Schwarm") interviewt.
ZDF: Du hast mit "Der Schwarm" ein Buch geschrieben, das wirklich ein Lebensretter war. Kannst du das einmal beschreiben?
Frank Schätzing: Im Januar 2005 rief mich Reinhold Beckmann an - der hatte damals diese Talkshow und sagte (…) 'Ich habe hier eine Familie sitzen und die erzählen, dass der Junge das Buch am Strand gelesen hat, und als das Wasser zurückging - das ist ja das, was passiert, wenn ein Tsunami kommt, dann weicht ja erstmal das Wasser zurück und dann siehst du plötzlich Fische auf dem Trockenen liegen, du siehst Steine da rumliegen. Sachen, die du normalerweise noch nie gesehen hast. Und als das Wasser zurückging, da sagte er: 'Ich weiß genau, was gleich passiert: es kommt eine Riesenwelle'.
Er ist ins Hotel gerannt und hat gesagt: 'Raus hier, (...) wir müssen höheres Gelände aufsuchen.' Das haben sie dann auch gemacht, dann kam die Welle und haben deswegen überlebt.

Frank Schätzing sitzt in einem Sessel, die Arme liegen auf den Sessellehnen. Er lächelt. Der Hintergrund des Raumes ist nur verschwommen erkennbar.
Quelle: ZDF/Steffen Bohn

... geboren 1957, ist mit seinem Science-Fiction-Thriller "Der Schwarm" weltweit berühmt geworden. Viele seiner Bücher sind Bestseller. Auch als ZDF-Mehrteiler wird "Der Schwarm", in dem ein Tsunami eine große Rolle spielt, außergewöhnlich oft gestreamt. Nicht nur als Roman-Autor, auch als Sachbuchautor hat sich Schätzing einen Namen gemacht.
von Andrea Budke

ZDF: Gab es denn Bücher, die in deinem Leben etwas bewirkt haben, etwas Großes verändert haben?
Schätzing: Sicherlich jede Menge Jugendbücher, die ich gelesen habe. Ich weiß, der ganze Tom Sawyer, Huckleberry Finn, der hat mich als Kind wahnsinnig geflasht. (...) Weil ich dieses Nomadenleben, diese komplette Anarchie, die der ja verkörpert, das fand ich damals schon cool.
ZDF: Gibt es Bücherfiguren, die in der tatsächlichen Welt Helden sein könnten?
Schätzing: Ja, das beginnt beim Räuber Hotzenplotz und das geht über Pippi Langstrumpf und Kalle Blomquist und Tom Sawyer.(…) Wenn du an sie in einer Weise glaubst, dass du sie nicht mehr im Bereich der Fiktion verortest (…), dann ist es unerheblich, ob Tom Sawyer je gelebt hat. (…) Er lebt als Einflussnahme auf dich.
Annette Riedel
"Das Buch ist gleichzeitig Action und Thriller – Prädikat lesenswert." 25.09.2018 | 1:25 min
ZDF: Es kommt ein neues Buch von dir über David Bowie. Vielleicht kannst du kurz was dazu erzählen und vorher einmal, was ihr gemeinsam habt?
Schätzing: Ich bin ja in den 60ern, 70ern zur Schule gegangen, und da hat man uns immer beigebracht: 'Du musst sehr früh wissen, wo du hin willst.' (...) Nicht nach rechts und links schauen, dann kannst du wie auf so einer Hauptstraße sehen. (...) Und ich hatte immer das Gefühl, das ist nicht mein Leben.
Ich würde eigentlich gerne drei oder vier verschiedene Leben führen, und die finden eher in so dunklen Seitengassen statt, aus denen es verlockend ruft.

Das war natürlich aber nichts, was in irgendeiner Weise vereinbar war mit den Vorstellungen unserer Eltern davon, wie du dein Leben leben solltest, die auch nur dein Bestes wollten.

ZDF: Und wie hat David Bowie dir da geholfen?
Schätzing: In dieser Situation kam er, und es war sehr schnell klar, dass er sagte, sei doch einfach alle. (…) Erfinde dich immer wieder neu. Du hast so viele Persönlichkeiten in dir. Lass sie doch alle zu, lass sie doch alle nebeneinander existieren. Raus aus der Kalkulierbarkeit, immer wieder ins Neue. Erfinde dich immer wieder neu Das war das Erste, was ich geil fand.
Das Zweite war, dass er, was immer er tat, mit dem größtmöglichen Risiko des Scheiterns behaftet war. Und ich hatte immer großen Respekt vor Scheitern. Ich fand Scheitern immer eine tolle Sache. Ich fand, ins Risiko zu gehen, zu sagen, 'ich gehe jetzt in eine neue, unbekannte Welt und vielleicht werde ich gefressen, vielleicht werde ich skalpiert.

Vielleicht passiert etwas ganz Schreckliches, vielleicht finde ich aber auch das Paradies.

Das fand ich immer viel spannender, als auf Nummer sicher zu gehen, sich vorher ein Zertifikat aushändigen zu lassen, dass es nicht schiefgehen kann.
Das Interview fasste Andrea Budke zusammen.



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